Über Schwimmen

In unserer heutigen Gesellschaft sind Baden und Schwimmen etwas Selbstverständliches. Wir können gar nicht früh genug damit anfangen. Wer einmal schwimmen kann, verlernt es nicht mehr. Und es ist ein toller Weg, um bis ins hohe Alter fit zu bleiben. Denn im Wasser wird der Körper leicht, fast schwerelos. Vor allem in freien Gewässern ist Schwimmen viel mehr als nur ein Sport oder eine Überlebenstechnik gegen Ertrinken: Es ist ein intensives Erleben der Natur.

Die Anfänge des Schwimmens

Es ist heute schwer zu sagen, wann genau der Mensch lernte zu schwimmen. Wirklich nachzuweisen ist es nicht. Aber überall dort, wo Menschen am Wasser lebten, war Schwimmen mit Sicherheit sehr wichtig, wenn nicht sogar lebensnotwendig. Demnach dürfte die Geschichte des Schwimmens so alt sein wie die Menschheit selbst.

Die wohl ältesten Hinweise auf das Schwimmen wurden ausgerechnet dort gefunden, wo es heute nur noch heißen Sand gibt: in einer Höhle des Gilf Kebir in der Libyschen Wüste, einem Teil der Sahara.

Die Felsmalereien stammen von unseren Vorfahren, die kurz nach Ende der letzten Eiszeit lebten, und sind etwa 8000 Jahre alt. Die gemalten Schwimmer führen einen Gleichschlag aus, eine Art Brustschwimmen.

Forscher sind sich sicher, dass die Menschen bereits in der Steinzeit gute Schwimmer waren. Wer schwimmen konnte, war im Vorteil, um sich vor Feinden zu retten, bei der Jagd oder um Hindernisse zu überwinden.

Noch heute können die meisten Naturvölker schwimmen, egal auf welchem Erdteil sie leben. Doch anders als bei diesen wurde das Schwimmen im Laufe der vergangenen Jahrhunderte von verschiedenen Kulturen immer wieder neu entdeckt und dann wieder vergessen.

Schwimmen in der Antike

Im alten Ägypten gehörte Schwimmen zum guten Ton. Adelige und Kinder der Könige hatten ihren persönlichen Schwimmmeister. Sogar die Frauen schwammen. Altägyptische Hieroglyphen zeigen den Schwimmer im Wechselbeinschlag. Offenbar kraulten die Ägypter durchs Wasser.

Bei den Griechen galt man gar als ungebildet, wenn man weder lesen noch schwimmen konnte. In der Hochkultur des antiken Griechenland wurde aber nicht nur geschwommen, sondern auch gerne gebadet.

Sehr beliebt waren Heißluft-, Dampf- oder Warmbäder zum Entspannen. Sie waren ein wichtiger Bestandteil der griechischen Gymnasien. Ein Schwimmbecken durfte natürlich auch nicht fehlen.

Eine olympische Disziplin war der Wassersport allerdings nicht. Dafür sind von den griechischen Göttern und Helden die unglaublichsten aquatischen Leistungen überliefert.

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Im antiken Griechenland gehörte Schwimmen zur Bildung

Auch im antiken Rom war Schwimmen angesehen. Wirklich gelernt wurde es aber nur zu militärischen Zwecken. Wer zum Heer gehörte, musste mit Rüstung schwimmen können.

Einen wahren Boom erlebte dafür die Badekultur. Die prachtvollen Bäder spiegelten den Reichtum der Kaiser wider. Es gab sie überall im Land. Sie hatten ein ausgeklügeltes Heißluftsystem in Wänden und Fußböden, das die Temperatur der Becken regelte.

Für die Unterschicht standen öffentliche Bäder zu Verfügung. Die Oberschicht hatte ihre privaten Luxus-Badetempel. Ein Besuch der Bäder dauerte Stunden. Sie waren wichtige Orte für gesellschaftliche und politische Transaktionen.

Mit dem Untergang des Römischen Reiches wurden die vielen Thermen zu Orten der Sittenlosigkeit. Mit den Thermen verfiel mit der Zeit auch die Badekultur.

Hervorragende Schwimmer waren die Germanen. Von ihnen ist bekannt, dass sie Wettkämpfe abhielten und ihre Schwimmkunst erfolgreich im Kampf gegen die Römer nutzten.

Den Überlieferungen zufolge hatten die Germanen eine Schwimmtechnik, die sich mit unserem heutigen Kraulschwimmen vergleichen lässt. Außerdem waren sie nicht zimperlich und badeten bei jeder Jahreszeit, selbst in eisiger Kälte. Nebenbei war das Bad ein wirksames Mittel gegen Krankheiten. Eine Kleiderordnung gab es nicht. Männer, Frauen und Kinder badeten nackt.

Schwimmverbot im Mittelalter

Im europäischen Mittelalter änderte sich das Bild vom heldenhaften Schwimmer und verkehrte sich ins Gegenteil. Besonders unter Einfluss der mittelalterlichen Philosophie während der Ritterzeit wurde das Baden und Schwimmen bekämpft, war es doch mit der Entblößung des Körpers verbunden.

Wasser galt fortan als gefährliches Element. Es erwuchsen allerlei Gruselgeschichten vom mörderischen Seeungeheuer und Dämonen, die unter Wasser lauerten. Aus Angst traute sich niemand mehr in freie Gewässer. Es wuchsen Generationen von Nichtschwimmern heran. Ertrinken war in dieser Zeit nicht gerade eine seltene Todesursache.

Außerdem wurde Wasser als Brutstätte von Krankheiten und moralischer Verwerfung verunglimpft. Dem zum Trotz erfuhren die sogenannten "Badestuben" einen Aufschwung. Hier badeten Frauen und Männer nackt im selben Zuber. Sie genossen das gesellige Leben bei Essen, Musik und Wein.

Viele der Badehäuser verkamen schlichtweg zu Bordellen. Sehr zum Leidwesen der Kirche, die wiederholt mit Verbot und Bestrafung reagierte.

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Gemeinsames Baden im Mittelalter

Aufklärung und ein neuer Anfang

Der Tod durch Ertrinken ist in vielen Fällen vermeidbar. Das dachte sich zumindest der in Ingolstadt tätige Universitätsprofessor Nikolaus Wynmann. 1528 veröffentlichte er das erste Schwimmlexikon der Welt, "Colymbetes", das allerdings auf dem Index landete.

Erst die Aufklärung brachte im 17. und 18. Jahrhundert allmählich ein Umdenken. Aufklärer wie der Engländer John Locke oder der Franzose Jean Jacques Rousseau legten den Grundstein dafür, dass Schwimmen als Körperertüchtigung wieder salonfähig wurde.

In Deutschland war es der Philanthrop Johann Christoph Friedrich Guts-Muths, der für den nötigen Auftrieb sorgte. Für ihn war klar, dass Schwimmen ein Hauptbestandteil der Erziehung werden sollte. "Bisher ist das Ertrinken Mode gewesen, weil das Schwimmen nicht Mode ist", verewigte er 1793 in seiner Schrift. Das sollte doch zu ändern sein.

Zum ersten Mal seit dem Untergang der römischen Badekultur wurden in West- und Mitteleuropa wieder öffentliche Badeanstalten eröffnet. Zum Beispiel 1760 in Paris, 1793 in Frankfurt am Main oder 1793 in Heiligendamm bei Doberan, wo das erste Deutsche See- und Moorbad entstand.

Es war der Beginn einer neuen Kultur: Die Menschen trauten sich wieder ins Wasser und lernten Schwimmen. Weitere 200 Jahre sollte es allerdings noch dauern, bis Schwimmen zur Freizeitbeschäftigung für alle wurde.

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Dresdner Badeanstalten um 1900

Schwimmen heute

Schwimmen lernt seit den 1960er Jahren jedes Kind spätestens in der Schule, denn Schwimmen gehört zu den sogenannten Pflichtsportarten. In jeder etwas größeren Stadt in Deutschland gibt es öffentliche Frei- und Hallenbäder.

Schwimmen ist – wie viele andere Sport- und Bewegungsarten auch – zum festen Bestandteil unserer Bewegungskultur geworden. Experten beklagen allerdings schon wieder einen Rückgang der Zahl derjenigen, die Schwimmen lernen.

Noch relativ neu ist der Trend zu anderer Bewegung im Wasser: Aquajogging und Aqua-Fitness sollen den Spaß im Wasser fördern. Weg vom langweiligen Hin- und Herschwimmen zum Zwecke der sportlichen Ertüchtigung hin zum Spaß im Wasser, lautet die Devise. Solche Kurse werden in immer mehr Schwimmbädern angeboten.

Aber den leidenschaftlichen klassischen Schwimmer ficht all dies nicht an: Er oder sie liebt die gleichmäßige Bewegung, den Wechsel von Gleiten und Bewegen, das Vorwärtskommen, ohne wirklich irgendwo anzukommen – ob im Becken oder im See.

Quelle: planet-wissen.de | Autorin: Andrea Wengel